Über das Rifgebirge

Na, seid ihr alle schön im Weihnachtsstress? Wir haben erst gerade heute festgestellt, dass es gar nicht mehr lange dauert, bis zum grossen Fest. Hier bekommt man davon gar nichts mit.

Klopf Klopf. Irgendjemand klopft an den Bus und mich reisst es jäh aus den Träumen, Nadine hätte wohl seelenruhig weiter geschlafen. Es ist 3 Uhr 40 (marokkanische Zeit, minus eine Stunde) und ich öffne verschlafen den Bus. Vorne dran stehen drei Polizisten und fragen, was wir hier tun. Naheliegenderweise sage ich plump: „seulement dormir“. Das ist aber anscheinend „interdit“, das sei hier kein Camping, es habe einen nicht weit von hier. Das verwundert uns sehr, da in Marokko wildcampen grundsätzlich (ausser wenn ausgeschildert) erlaubt ist. Wir haben aber im Reiseführer auch gelesen, das hier ein beliebter Ort für Schmuggler ist. Darum wohl die Wegweisung. Wir verpassen zu fragen, ob wir nicht doch noch ein paar Stunden hier bleiben können und gehen davon aus, das wir weiter müssen. Um diese Uhrzeit den Campingplatz anzusteuern macht keinen Sinn. Also fahren wir weiter der Küste entlang. Nach über einer Stunde müssen wir halten, um einen Blick auf die Karte zu werfen und bemerken, dass es genau hier genügend Platz hat, um noch ein bischen zu Schlafen. Wir sind bestimmt auch genug weit weg, damit wir nicht wieder auf die selben Polizisten treffen.
Der Wecker klingelt, dieses Erwachen ist schon viel schöner. Wir wollen zeitig weg von hier. Ganz wohl ist uns noch nicht, doch die Sonne scheint und alles nimmt seinen gewohnten gang. Als die ersten Leute auf der Strasse vorbei ziehen, ist der Schrecken der letzten Nacht schon fast verflogen. Sie sitzen auf Eseln und werfen ab und zu einen neugierigen Blick zu uns hinunter, ansonsten werden wir kaum beachtet. Die Frauen tragen farbige Gewänder, ein Kopftuch und ein Strohut mit grossen Bommeln drauf. Auch einige Männer sind für unsere Augen sehr lustig gekleidet. Sie tragen ein Djellabah. Das ist ein langer Überwurf mit grosser Kaputze, der sie ein wenig wie Zwerge aussehen lässt.
Wir fahren noch ein Stück der Küste entlang und versuchen die richtige Strasse ins Landesinnere zu erwischen. Das ist nicht ganz einfach, weil unsere Karte auch schon ein paar Jahre alt ist und in letzter Zeit viele neue Strassen gebaut wurden. Später stellt sich heraus, das wir sie nicht gefunden haben. Das macht aber nichts, wir haben schon fast damit gerechnet und können auch einen anderen Weg nehmen, den wir uns an einer Tanke erklären lassen.
Die Strasse schlängelt sich, am anfang klein, so dass nur ein Auto darauf passt und man den Mut des andern testen kann, indem man möglichst lange mit einem Rad nur wenig vom Asphalt geht und später grösser durch das Rifgebirge. Zu Beginn müssen wir uns einen Weg durch die Scharen von Schulkindern auf der Strasse bahnen. Es ist wohl Mittagspause und wir bekommen auch langsam Hunger. Wir halten am Wegesrand und können ein paar Jungen beim Spielen auf einem Fussballfeld in einem ausgetrockneten Flussbett zuschauen.
Die Berge sind sehr beeindruckend anzuschauen, in all den verschiedenen Farben der Steine und der Vegetation. Dazwischen sind überall Häuser verteilt. Es ist kein dicht besiedeltes Gebiet, doch fast überall findet man eine Behausung im Blickfeld. Auch sehr viele Menschen sind zu Fuss, auf einem Esel oder mit Schafen oder Ziegen unterwegs oder sie stehen am Strassenrand und scheinen auf etwas zu warten. Was auffällt, ist das sie fast immer schön gekleidet sind. Falls nicht in der traditionellen Tracht, kann man ab und zu einen alten Schafhirten im Anzug sehen. Wie in Albanien.
Autos sind nicht viele unterwegs. Wenn, dann sind es lustig verzierte Kleinlaster oder ebensolche, überladene Lieferwagen oder alte Mercedes Sammeltaxis.
Diese Region ist für den Hanf anbau und auch Verkauf bekannt und das bekommen wir auch zu spühren. Unser Reiseführer spricht von Belästigung durch Hasch Verkäufer, doch wir nehmen es mit Humor. Viele Männer am Strassenrand machen, zum teil sehr deutliche Handzeichen oder Rufen einem zu. Autos betätigen die Lichthupe und gestikulieren wild. Einer Hält uns sogar einen grossen Klumpen aus dem Fenster. Nur einmal finden wir es nicht mehr ganz so lustig. Ein Golf fährt lange hinter uns her, macht Zeichen und überholt uns mehrere Male. Er bleibt hartnäckig, bis wir in eine Polizeikontrolle kommen. Dann ist er plötzlich nicht mehr zu sehen. Von diesen gibt es einige. Wir müssen aber nur einmal anhalten und die freundlichen Fragen nach unserem Befinden und woher/wohin beantworten.
Beim Cannabis Anbau greift die Polizei kaum ein. Es sei denn, es wird im grosse Stil damit gehandelt. Es gibt aber Bemühungen, die Bauern zur konventionellen Landwirtschaft zu bewegen, welche natürlich auch schon praktiziert wird. Jedoch natürlich vieles noch von Hand und mit
Eseln.
Je weiter wir kommen, desto schlechter wird das Wetter. Es beginnt zu Regnen und wird plötzlich Neblig. Aus ist es mit der schönen Aussicht, dafür liegt Schnee neben der Fahrbahn. Brrrr…

Für den Nachtplatz fahren wir deshalb noch weiter, bis wir das Rifgebirge hinter uns haben. Nach Taounate fahren wir auf einem Feldweg ein wenig weg von der Strasse und stellen uns an den Wegesrand, bevor es morgen wieder hinauf über die Hügel nach Fes geht.

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